Begegnungen mit Gustav Nötzold

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Herausgeber: Siegfried Meyer

Gustav Nötzold, oder wie er in Bergbaukreisen genannt wurde, der Nötzold-Dav, war eine echte Bergwurzel. Er stammte aus einer kinderreichen Familie. Vater war Eisengießer und erhielt einen spärlichen Lohn. Kaum schulpflichtig, half der Junge schon als Tagejunge, das Familieneinkommen besser zu gestalten. Wie strahlte sein Gesicht, wenn er der nimmermüden Mutter einen Laib Brot, den er von eigenem Geld gekauft hatte, auf den Tisch legen konnte.
Nach seiner Schulentlassung wurde er Bergjungmann in Zwickau. Rasch wurde der muntere Kerl heimisch in der Welt des Bergmanns. Sein Fleiß und seine Schaffenslust wurden anerkannt – er konnte die Bergschule besuchen.
Nach seiner Bergschülerzeit war er Steiger und später Reviersteiger im Zwickauer Steinkohlenbergbau. Das war in jener Zeit, als beginnende Technisierung die Arbeitsbedingungen verschärfte und der Stamm biederer, zu harmloser Fröhlichkeit stets bereiter Bergleute den Übergang mit mehr Humor und Glossen als mit Murren behaglich durchlebte. Da mittendrin stand Gustav Nötzold auf dem immer schwierigen Posten des Mannes, der zwischen den Anforderungen moderner Betriebseinrichtungen auf der einen Seite und der im Beharrungsvermögen großen und bemerkenswert zäh an alt überlieferten Gewohnheiten hängenden bergmännischen Belegschaft auf der anderen Seite vermitteln musste. Neben der Tradition verschrieb er sich mit allen verfügbaren Mitteln dem Fortschritt. Zahlreiche Zusammenkünfte mit Werkmeistern und Ingenieuren initiierte und organisierte der Bergmann nicht nur in Zwickau. Es war ja die Zeit von Erfindungen und Patenten, die es zu verbreiten und umzusetzen galt.  
Sein angeborenes Pflichtgefühl und sein zu logischem Denken geschulter Geist sahen die Notwendigkeiten der Zeit und drängten auf Einfügen in das technische Beginnen, sein Herz aber sah immer mehr Men-schen-werte vergehen, genau wie manches Stück Brauchtum.
Die frohe Viertelstunde vor Arbeitsbeginn, das „Bergamt“ sollte fortfallen, die kostbare Zeit nicht mehr vergeudet werden. Die „huhnacketen“ Streiche der „Fördergunge“ mussten verschwinden, die Gänge zum Herbeiholen des „Ortswinkels“ und des „Stroß-hobels“ wurden überflüssig. Die arme „Schachtziege“ musste elend verhungern, weil die Neulinge sie nicht mehr füttern durften.
Das alles hatte der aufgeweckte junge Steiger ja selbst erlebt und mitgemacht, als er noch Bergjunge und Bergschüler war. Er wusste, hier lebte ein Stück Bergmannspoesie, das sich die alten Bergleute bewahrt hatten, als sie nach Stilllegung der Eisen-und Silberzechen vom Gebirge her nordwärts in die neu aufgeschlossenen Steinkohlengruben gekommen waren. Das immer mehr einsetzende Mechanisieren ließ für diese alte schöne Bergmannspoesie keine Zeit mehr, und sie drohte der Vergessenheit anheim zu fallen. Da ging Gustav Nötzold daran, die vielen heiteren und auch tragischen Geschichten zu sammeln und ihnen eine dichterische Form zu geben-seine „Kuhlbröckle“ entstanden. Diese kleinen Hefte brach-ten in unverfälschter Zwickauer Bergmannssprache Gehörtes, Erlauschtes, Selbsterlebtes und Erdachtes in bunter Folge, gereimt und ungereimt. Sein Herz hing an seiner erzgebirgischen Heimat, das Überwie-gende schrieb er in Mundart.
Selbst vom Rheine aus, wohin er im Jahre 1919 als Leiter der Budenheimer Kalksteinbrüche übersiedelte, kam er immer wieder, so oft es ihm die Zeit erlaubte, ins Zwickauer Revier, auch um seine Sangesbrüder im Männergesangverein „Liederkranz“ (gegründet 1843) zu besuchen. Kostbarkeiten seiner Schreibkunst über das Vereinsleben befinden sich im Archiv des heute noch aktiven Männerchores.   
Nachdem Gustav Nötzolds treue Gefährtin Hilma im Februar 1939 verstarb, ging auch er neun Monate später, 68 Jahre alt. Eine große Zahl Zwickauer Bergschüler begleiteten ihn mit der Fahne seiner geliebten Bergschule zur letzten Schicht.
Kurt  Arnold Findeisen,einer der vielen Freunde unseres Gustav Nötzold, schrieb: „… es ist ein Jammer, dass dieser gute Mensch nun auch hinüber gegangen ist. Er ruhe in Frieden! Um so enger müssen die in Freundschaft zusammenrücken, die zurückbleiben!”            
Eine bemerkenswerte Persönlichkeit unserer Heimat … meint dr Meyer-Sig

Herbst 2014

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kuhlbroeckleAnlässlich zahlreicher Leserzuschriften werden mir u.a. auch Originale der "Kuhlbröckle" (siehe Übersicht) angeboten, die ich gerne weitervermittle.

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